Reichweite bei Twitter aufbauen – wenn Sie Profil zeigen und Dialoge führen, dann ist das kein Problem. Im Folgenden ein paar Tipps zum Followeraufbau aus der Praxis. Seriös und nachhaltig vorzugehen ist für PR- und Marketingverantwortliche wichtig, da sie permanent unter der Beobachtung von Wettbewerbern, Kollegen, vielleicht auch Verbänden und Verbraucherschützern stehen. Nicht jede Möglichkeit zum Aufbau von Twitter-Reichweite, die sich anbietet und die technisch und kostenmäßig attraktiv erscheint, ist für uns als Berufskommunikatoren auch wirklich gangbar. Wenn Sie Ihren persönlichen Account als Unternehmenssprecher oder einen Marken-Account aufbauen, dann müssen Sie Balance halten zwischen Ihrem Wunsch, möglichst schnell Erfolge zu sehen, und den Grenzen, die Ihnen Netz-Etikette und gesunder Menschenverstand auferlegen.
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Profil zeigen:
Bevor Sie andere Twitter-Nutzer auf Ihren neuen Account aufmerksam machen, sollten Sie Ihr Twitter-Profil individualisieren. Nach Anmeldung bei Twitter sollten Sie ein wenig Zeit investieren, um Ihrem Auftritt eine persönliche Note zu verleihen. Laden Sie unter dem Menüpunkt »Einstellungen« ein Profilbild hoch. Das quadratische Motiv sollte ein attraktives Portraitfoto Ihrer Person sein. Bei Firmen-Accounts wird hier in der Regel die entsprechende Marke oder eine Abwandlung dieser Verwendung finden, beispielsweise die Modifikation für das ebenfalls quadratische »Favicon« – fragen Sie Ihren Webmaster danach. Im nächsten Schritt personalisieren Sie Ihren Hintergrund. Laden Sie ein ausreichend großes Hintergrundbild hoch und testen Sie es bei unterschiedlichen Bildschirmauflösungen und Größen des Browserfensters.
Wissen teilen:
Dialog ist der zeitintensivste, aber auch nachhaltigste Weg zum Ausbau Ihrer Twitter-Reichweite. Grundlage für erfolgreiches Microblogging sind interessante Inhalte. Die Prinzipien und auch die Arbeitsabläufe, die für ein Corporate Blog gelten, lassen sich hervorragend auf Twitter übertragen. Im Rahmen Ihres Monitoring von Themen und Trends mithilfe von Google Reader stoßen Sie täglich auf interessante Neuigkeiten aus Ihrer Branche. Aus Zeitgründen werden Sie längst nicht alle diese Impulse in den per RSS gefundenen Blogpostings kommentieren können und wollen. Nutzen Sie den Nachrichtenstrom für Ihre Twitter-Aktivität. Teilen Sie Wissen mit Ihren Followern. Ein, zwei interessante Tweets täglich mit für Ihre Zielgruppe interessanten und nutzbringenden Inhalten werden nicht nur Ihre Follower dauerhaft an Sie binden. Sie werden damit auch Reichweite aufbauen. Je mehr wirklich interessantes Wissen Sie teilen, desto mehr Reichweite und Reputation werden Sie gewinnen.
Dialoge führen:
Die Dynamik von Twitter speist sich aus den öffentlichen Dialogen, die dort geführt werden. Nutzer antworten sich gegenseitig öffentlich, indem sie auf einen Tweet mit der Funktion »Reply« reagieren. Entsprechende Tweets beginnen mit @Nutzername. Behalten Sie an Sie gerichtete Replies im Blick und reagieren Sie zeitnah, wenn Sie angesprochen werden. Tragen Sie Wissen oder nützliche Hinweise zu offenen Fragen anderer Nutzer bei, indem Sie öffentlich via Reply antworten.
Networking betreiben:
Anderen Nutzern folgen – aber nicht zu vielen. Das ist der heikelste und gern verschwiegene oder tabuisierte Part. An diesem Punkt werden von Twitter-Einsteigern auf der einen Seite, von übereifrigen Marketeers auf der anderen Seite die meisten Fehler gemacht. Täglich sind mir beim Aufbau von Twitter-Reichweite für verschiedene Kunden Twitter-Accounts begegnet, denen ich mit meinen Accounts nicht folgte oder zurückfolgte, weil sie außerhalb jeder Balance waren. Die Rede ist von der Ratio Followers zu Following. Achten Sie darauf, dass die Zahl Ihrer Followings in der Regel nicht wesentlich höher liegt als die Ihrer Follower. Ein Verhältnis von ungefähr 1,3:1 ist noch in Ordnung. Ab 1,5:1 werden Sie bei vielen Nutzern schon Skepsis auslösen und in den Verdacht geraten, ein Spammer zu sein. Halten Sie Ihre Ratio möglichst nah am Optimum von 1:1, damit Ihre Reichweite ungestört wachsen kann. Später, wenn Sie eine gewisse Reichweite erreicht haben, werden Sie einigen Nutzern aus diversen Gründen nicht mehr folgen wollen. Ihre Ratio darf dann ruhig auf einen Wert von etwa 1:0,7 sinken. Nachdem ich selbst mit meinem persönlichen Account @jodeleit einige Konstellationen getestet habe, kann ich feststellen, dass auch eine extrem restriktive Following-Politik mit einem Following/Follower-Quotienten von 1:0,5 und darunter zu einer Verlangsamung des Reichweitenwachstums führt. Andere Twitter-Nutzer interpretieren solche Werte als fehlende Offenheit und Dialogorientierung und verzichten darauf, solchen Accounts zu folgen. In den ersten Tagen Ihres Reichweitenaufbaus bestätigen Ausnahmen die Regel. Wenn Sie begonnen haben, interessante Inhalte zu twittern, und auch schon mit ersten Twitter-Nutzern in anregenden Dialogen stehen, dann dürfen Sie ruhigen Gewissens einigen Dutzend oder auch ein- bis zweihundert Twitter-Nutzern folgen und Ihren Quotienten vorübergehend etwas »überziehen« – durchaus auch auf Werte von beispielsweise 5:1. Beachten Sie aber, dass dieser Zustand nicht länger als einige Tage anhalten darf. Sie werden in der Aufbauphase nicht umhinkommen, den Accounts nach einigen Tagen nicht mehr zu folgen, die Ihr Following nicht erwidern. Andernfalls wird es schwer mit dem Aufbau von Reichweite und Autorität. Tools, die das Follower Management erleichtern, stelle ich im Folgenden vor.
Auf Spamming verzichten:
Halten Sie sich vor Augen, dass Twitter-Nutzer per E-Mail darüber informiert werden, wenn Sie beginnen, diesen zu folgen. Vorteil dieser Standardeinstellung seitens Twitter ist ohne Frage die Aufmerksamkeit, die sie generiert. Die Wahrscheinlichkeit, dass Ihr Folgen erwidert wird, steigt damit prinzipiell. Schattenseite ist die Grauzone, die hier entsteht. Sie können Twitter-Nutzer belästigen, wenn Sie diesen ohne ersichtlichen Grund folgen. Zwar ist die Niederschwelligkeit von Twitter geradezu erstaunlich. Prinzipiell muss sich niemand dafür rechtfertigen, dass er einem anderen Twitter-Nutzer folgt. Doch für PR- und Marketingakteure gilt hier eine Ausnahme. Sie dürfen die Niederschwelligkeit der Kontaktaufnahme bei Twitter nicht schamlos ausnutzen, sonst werden Sie – völlig zu Recht – auf eine Stufe mit E-Mail-Spammern gestellt. Nicht unwahrscheinlich, dass sich in Zukunft noch Gerichte mit diesen Fragen beschäftigen werden. Vorsicht und Maß beim Following sind nicht nur deshalb absolut zwingend. Dennoch bin ich so frei und bekenne: Ganz ohne aktives Verfolgen anderer Accounts wird es schwierig mit dem Reichweitenaufbau bei Twitter, ob für persönliche Accounts oder auch für Marken-Accounts. Der Brisanz dieser Aussage bin ich mir durchaus bewusst – und stelle mich gern einer sich daraus eventuell ergebenden öffentlichen Diskussion. Ich rate Ihnen jedoch, unbedingt vollständig auf Autofollowing, mit dem ich vor Jahren testweise selbst Erfahrungen gesammelt habe, zu verzichten. Verwenden Sie stattdessen Monitoring, das Ihnen interessante Twitterer in Suchergebnislisten präsentiert und Ihnen dann ermöglicht, den Nutzern zu folgen oder auch nicht. Accounts mit aktiviertem Autofollowing sind im Blindflug unterwegs und können immer wieder für böse Überraschungen sorgen, und zwar für beide Seiten. Stellen Sie sich vor, ein Twitter-Nutzer gibt sarkastisch zum Besten, für die unvermittelt notwendige Autoreparatur müsse er jetzt wohl den Bausparvertrag seiner Tochter auf den Kopf hauen. Fünf Minuten später folgt ihm eine Bausparkasse. Dass sich besagter Twitter-Nutzer an dieser Stelle belästigt fühlen dürfte, liegt auf der Hand. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird sich ein derart »Verfolgter« öffentlich über Ihren blindlings folgenden Account äußern – die Häme der Twitter-Gemeinde ist der Bausparkasse sicher.
Twitter integriert einsetzen:
Twitter ist nur ein Baustein in Ihrer Kommunikationsstrategie. Weisen Sie an sämtlichen Stellen, die sich sinnvollerweise dazu eignen, auf Ihren Twitter-Account hin. Ihre Corporate- und Marken-Accounts vernetzen Sie von Ihrer Website und Ihrem Blog aus. Sie weisen in E-Mail-Abbindern und, falls möglich, auch innerhalb Ihrer Werbemaßnahmen darauf hin. Ihren persönlichen Twitter-Account, so vorhanden, sollten Sie ebenfalls nicht wie ein Geheimnis behandeln, sondern in Ihre Kommunikationsmaßnahmen einbinden. Gute Gelegenheiten, den Account bekannter zu machen, sind beispielsweise Vorträge. Bei Ihren eigenen Veranstaltungen können Sie Twitter als Feedback-Kanal verwenden und Teilnehmern sowie Außenstehenden ermöglichen, das Gesehene und Gehörte öffentlich zu kommentieren. Wenn Gewinnspiele oder Wettbewerbe zu Ihren Marketingmaß-nahmen gehören, bietet sich nach sorgfältiger Prüfung im Einzelfall unter Umständen die eine oder andere Chance, im Rahmen dieser Gewinnspiele neue Follower zu gewinnen.
- Dieser Textauszug ist eine Leseprobe aus dem Buch „Social Media Relations“, das im Herbst 2012 in überarbeiteter Neuauflage erschien.
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Mir sind zwei Textstellen aufgefallen die ich so nicht stehen lassen würde.
Zum einen: nimmt ein unbedarfter Neuling tatsächlich sein Favicon als Avatar wird er sich der Häme anderer Twitterer sicher sein können, ein Favicon ist max 32x32pix Groß – zu wenig für einen aussagekräftigen Avatar, hier sollte also tatsächlich jemand der sich damit auskennt beauftragt werden einen passenden Avatar zu kreieren.
Des weiteren sind @-Replies schon lange nicht mehr öffentlich, sie sind nur für diejenigen vollständig zu sehen die beiden Accounts die miteinander korrespondieren folgen.
Last but not least, ich halte nicht viel von der Follower-Ratio Rechnung, dies muss meiner Meinung nach immer im Einzelfall betrachtet werden, ein Account der 1000 Twitteren folgt, aber nie auf andere Tweets reagiert und selbst nur 1-2 Tweets pro Tag kreiert ist mir wesentlich suspekter als einer der relativ viel Retweetet und Informationen weitergibt.
Zum Thema @-Replies verweise doch auf die Möglichkeit selbige mit einem „.“ Öffentlich zu machen, denke das ist ehr im sinne der öffentlichen Wahrnehmung, zumindest wenn die Antwort es Wert ist öffentlich gemacht zu werden ;)
Dein Punkt zum Thema Ratio sehe ich nun auch und kann ihm aus diesem Standpunkt zustimmen.
Gute Punkte, vielen Dank! Favicon ist natürlich nicht immer der Weisheit letzter Schluss. @-Replies: Ja, tauchen nicht in der Timeline von Nutzern auf, die nicht beiden folgen. Sind aber prinzipiell dennoch öffentlich – jeder sieht sie, wenn er die Twitter Page des Absenders aufruft. Daher ist mir die Feststellung wichtig, dass @-Replies eben nicht vertraulich, sondern öffentlich sind. Ratio: Verstehe den Punkt sehr gut – da ist deine Perspektive die des Fortgeschrittenen, der auch die Authentizität und das Dialogverhalten ganz genau unter die Lupe nimmt. Insofern – ja, Zustimmung, aber: Ratio ist schon ein Anhaltspunkt, um a) Spammer/weniger qualitätsorientierte Twitterer (Massen-Verfolger) und b) „Elitäre“ (die prinzipiell nicht zurückfolgen weil sie ja ach-so-wichtig sind) zu identifizieren.