Die US-Handelsbehörde FTC will Schleichwerbung in Blogs erschweren, kündigte an, sie werde die Blogger zur Offenlegung entsprechender Details zwingen. GPRA-Präsident Dr. Alexander Güttler fordert, dies in Deutschland ebenso zu handhaben, und wird damit von der Wirtschaftswoche zitiert. Was mich wundert, ist der Gegenwind, den dies hervorruft. So bezeichnet Handelsblatt-Blogger Thomas Knüwer die Forderung als „eklig“, Kommentatoren unter seinem Posting fordern unter anderen, die Blogger doch in ihrer „Privatsphäre“ in Ruhe zu lassen. Auch dieser kleine Wortwechsel zwischen Marco Ripanti und meiner Person hinterlässt mich mit einer gewissen Verwunderung.
Ich finde die Güttlersche Initiative hervorragend. Werbliche Inhalte in journalistischem Gewand gehören gekennzeichnet – in Printpublikationen wie im Web, im Rahmen kommerzieller journalistischer Angebote ebenso wie im Rahmen – vermeintlich – privater.
Dass die entsprechende Transparenzkultur in den vergangenen Jahren immer mehr erodiert ist: eine Tatsache. Dass dies nicht zuletzt dem Kostendruck geschuldet ist: dito. Wo früher noch „Sonderveröffentlichung“ oder ganz früher noch „Anzeige“ darüber prangte, fehlt heute mitunter jeder Hinweis.
Gekaufte Meinungsbeiträge im Web sind meines Erachtens auch aus technischen Gründen besonders tückisch: Meinungsbildung auf Konsumentenseite findet zunehmend über Suchmaschinen statt. Man stelle sich vor, zehn Blogger rezensieren ein Produkt positiv, schreiben aber brav ein „sponsored by“ als Fußnote unter den Beitrag. Dann kommt der Konsument und googelt. Nimmt die erste Seite Google-Trefferliste wahr – fertig die Meinungsbildung.
Immerhin – einer der jüngsten Kommentare unter dem Knüwer-Posting macht mir Mut: „Fangen wir doch einfach mal an, die PR-Fuzzis ein bisschen differenzierter zu betrachten, denn da gibt’s auch so’ne und solche – genau wie unter den Journalisten.“
„Dass die entsprechende Transparenzkultur in den vergangenen Jahren immer mehr erodiert ist: eine Tatsache.“
Das unterschreibe ich sofort. Als am 26. September die „einkauf aktuell“ von der Deutschen Post mit einer „Anzeige“ für die CDU und Kanzlerkandidatin Angela Merkel auf der Titelseite erschien, wurde mir das mal wieder sehr unangenehm bewusst.
Gerade im Internet gehen redaktionelle Inhalte mit Werbung und PR unheilige Allianzen ein. Beispiel: Die Kennzeichnungspflicht ist bei automatisch generierten Deeplinks von Affiliate-Publishern nicht mehr zu gewährleisten. „Info-Seiten“ von Affiliates, die von ihrem Geschäft leben können, haben ebenfalls oft einen redaktionellen Charakter.
Ich finde, es ist nichts dabei, wenn gekaufte Beiträge als solche gekennzeichnet werden müssen. Wer für Trigami schreibt, kennt das. Dort müssen solche Beiträge ebenfalls gekennzeichnet werden. Es dient der Transparenz und verunglimpft nicht den Blogger.
Im Gegenteil: Wer glaubt, dass Werbung/PR der Glaubwürdigkeit des Bloggers schadet, hat eine Schere im Kopf. Und diese Haltung sagt vor allem viel über den Zustand der Werbung/PR aus: Geringe Glaubwürdigkeit, hoher Nervfaktor, keine Relevanz.
Genau hier können Blogger ansetzen und es besser machen. Mit gesponsorten, aber ehrlichen Artikeln, die auch als solche gekennzeichnet sind.
Die Blogger in Deutschland sollten endlich kapieren, dass sie sich als Medienschaffende nicht nur die Rosinen herauspicken können. Sie fordern, genauso ernst genommen zu werden, wie Berufsjournalisten. Einverstanden! Dann müssen sie aber auch die Pflichten übernehmen (Impressumspflicht, Trennung zwischen Werbung und Redaktion, …)
Naja, das ist vielleicht auch etwas pauschal. „Die Blogger“ gibt es IMHO nicht. Und wenn ein Blogger sich nicht als „Medienschaffender“ versteht, kann ich ihm das auch nicht verübeln.
Es geht eigentlich gar nicht um Blogger, sondern um einen Arbeitsethos in Marketing und PR, der schon den Versuch verurteilt, Werbung bei Bloggern als redaktionelle Artikel zu platzieren.
Ist schon richtig, dass werbliche Inhalte in journalistischem Gewand gekennzeichnet gehören. Aber ebenso freue ich mich dann auch darüber, wenn mir mein Hausarzt bei der nächsten Verschreibung offen legt, ob und wo er denn mit diesem Pharma Hersteller schon einmal im Urlaub war.
Beziehungen und Verflechtungen finden sich heute in jedem Bereich der Wirtschaft (leider) und ich muss mich wirklich fragen warum beim aufräumen ausgerechnet mit den Bloggern angefangen wird? Es ist wohl eher ein grundlegendes ethisches Problem welches allerdings in Blogs eine durch Google auffindbare Niederschrift findet.
In Bezug auf den Arbeitsethos sind sich, denke und hoffe ich, alle einig. Mir geht es um die Blogger, die am lautesten schreien und mit ausgestrecktem Finger auf die PRler und Journalisten zeigen.
Hallo Herr Brunnthaler,
wenn Sie sich mein Posting nochmals anschauen werden Sie sehen, dass ich im dritten Absatz die Problematik der Kennzeichnung in klassischen Medien ganz im Gegenteil sogar explizit angesprochen habe. Die – durchaus vorhandenen – Verhaltensregeln und Qualitätsstandards sind in den vergangenen Jahren immer heftiger unter die Räder gekommen. Ausnahmen bestätigen dabei zum Glück die Regel. Übrigens sind es gerade auch PRler, die den Kampf um Qualität führen – Sympra enagiert sich unter anderem im deutschen PR-Rat ).
Bei den Blogs haben wir in Deutschland bislang keine verbindlichen Standards. Das zu hinterfragen sollte erlaubt sein!
Was ich (als Blogger, langjähriger Redakteur und PR-Mensch) anerkenne: Eine soziale Selbstkontrolle innerhalb der Blogosphäre existiert. Aber ähnlich wie in der Medienbranche gilt: Innerhalb der Szene hackt eine Krähe der anderen kein Auge aus.
Egal, ob erodierende Standards bei den klassischen Medien oder noch nicht etablierte im Social Web – Transparenz ist ein notwendiges Fundament für Qualität.
Hallo Herr Jodeleit,
die Blogkultur zu hinterfragen ist völlig legitim und Transparenz, gewisse Standards sowie Code of Conducts sind absolut essentiell – da bin ich genauso bei Ihnen wie beim Kampf für Qualität. Gerade auch auf Seiten der PRler.
Ihren Post habe ich aufmerksam gelesen und auch, dass Sie die Problematik der Kennzeichnung in klassischen Medien explizit ansprechen. Nochmal: Worauf Sie nicht eingehen, ist dass der Gegenwind, der Sie „wundert“, nicht vor allem daher rührt, dass man die Blogger in Ruhe lassen solle oder dass man gegen Transparenz sei, sondern dass sich die GPRA zwar auf die Blogger stürzt, gleichzeitig aber aktiv zur selben Problematik nichts (oder zumindest merklich zu wenig) in derzeit noch viel relevanteren Mediensegmenten unternimmt (siehe z.B. Handelsblatt-Post: ).
Hallo Herr Jodeleit,
da Sie die Diskussion natürlich intensiv verfolgen wissen Sie durchaus, dass der Gegenwind GPRA-Präsident Dr. Alexander Güttler nicht wegen seiner Forderung an sich ins Gesicht bläst, sondern weil der Verband sich bei einem generellen Problem der Kommunikationsbranche medienwirksam auf die Blogger-Szene stürzt, das Problem bei den klassischen Medien aber nicht anpackt. Wieso kehren Sie diesen Aspekt in Ihrem Blog-Beitrag unter den Teppich?
Da bin ich ganz bei Ihnen! Dass „beim Aufräumen mit den Bloggern angefangen wird“ kann ich so aber nicht nachvollziehen. Journalisten werden richtigerweise seit Anbeginn ihrer Zunft kritisch beäugt, was ihre ethische Positionierung und potenzielle Vorteilsnahme betrifft. Wer publiziert, Meinung multipliziert und sich dabei materiell beeinflussen lässt, muss unweigerlich dazu stehen und sich potenzieller Kritik stellen – ob Redakteur oder Blogger. Selbst als Privatperson im persönlichen Umfeld!