Bei diesem Posting handelt es sich um einen Vorab-Auszug aus dem Mitte des Jahres erscheinenden Buch „Social Media Relations“, zu dem es weitere Informationen, einen Twitter-Account und eine Facebook-Seite gibt. Ich als Autor freue mich auf den Dialog und berücksichtige dabei gewonnene Erkenntnisse im noch bis Ende März laufenden Schreibprozess.
Anmerkung zum Kontext: Diesem Textabschnitt voraus geht im Buch eine ausführliche Ratgeberstrecke rund um das eigene Corporate Blog.
Unternehmenskommunikation und Blogs – das heißt vor allem selbst zu bloggen, wertvolle Inhalte in die Diskussion zu geben und so mit Menschen ins Gespräch zu kommen, Vertrauen aufzubauen.
Sind Sie in der Unternehmenskommunikation tätig, so werden Sie im Rahmen dieses Leitfadens unter Umständen dennoch konkrete Tipps und Hinweise dazu erwarten, wie Sie Blogger am besten ansprechen. Sollen Blogger in den Presseverteiler aufgenommen werden und Pressemitteilungen erhalten? Sollte man sie anrufen und zu ihren Präferenzen befragen? Wenn Sie zu dieser Fragestellung recherchieren würden, so flögen Ihnen etliche Beiträge diverser Experten um die Ohren, die im Brustton der Überzeugung postulieren: Bloß nicht! Blogger in den Presseverteiler! Wehe! Das Schlimmste, was man machen kann! Blogger fühlen sich manipuliert und belästigt, wenn man ihnen Presseinformationen schickt.
Schlammschlachten prägen das Image der deutschen Blogosphäre
Meines Erachtens alles Käse. Man kann nicht alle Blogger über einen Kamm scheren. Klar, da gibt es furchteinflößende Beispiele wie diesen Thomas K., Ex-Handelsblatt und heute PR-Berater, der in der Vergangenheit keine Gelegenheit ausgelassen hat, PR-Berater/innen als „Tanja-Anja“ aus der „kleinen Agentur am Rande der Stadt“ zu stigmatisieren, die von Journalismus keine Ahnung haben und von Öffentlichkeitsarbeit sowieso nicht. Ja, ich verstehe Spaß und finde das auch lustig. Dennoch. Gern wurden von K. in der Vergangenheit verhältnismäßig unbedeutende Vorgänge wie ein unglücklicher Anruf oder eine wenig kompetent getextete Presseinformation zum Anlass genommen, den Absender öffentlich bei lebendigem Leibe zu sezieren und anschließend, in letzten Zuckungen dem Ende entgegensehend, an den Pranger zu schnüren. Ob jeder Account Manager in Agenturen soviel Spaß verstanden hat, wenn seine Junior-Beraterin der Agentur und dem Kunden durch ein Missgeschick zu solch zweifelhaftem Ruhm verholfen hat? Vermutlich nicht. Ja, ganz ehrlich: Das hat mir, auch wenn ich Spaß verstehe, in der Vergangenheit auch schon Angst eingeflößt. Mein persönliches Verhältnis zu Bloggern, die sich so verhalten, ist durchwachsen beziehungsweise in den meisten Fällen schlicht und ergreifend nicht vorhanden.
Soviel also zum Schreckgespenst des amokschreibenden Wüst-Bloggers. Doch Hand aufs Herz: Was scheren Sie sich um die K.s, Don Alfonsos oder wie sie sonst noch alle heißen? Ich habe die Namen ehrlich gesagt vergessen und auch keine Lust, sie zu recherchieren. Blogger Relations in Deutschland, so habe ich den Eindruck, könnten weitaus entwickelter sein als sie das sind, wenn nicht immer wieder wüste Schlammschlachten durch die deutsche Blogosphäre wabern würden, die am Ende nicht etwa den Beteiligten schaden. Die steigern ja durch gegenseitiges Diffamieren primär ihren Bekanntheitsgrad und zweifelhaften Ruf. Nein, geschadet haben die Schlammschlachten am Ende den ganz normalen Durchschnittsbloggern. An die traut sich nämlich keiner mehr heran – es gilt ja: Blogger sind gefährliche Bestien, die nur darauf warten, PR-Menschen in der Luft zu zerreißen.
Advertorials im Silber-Pack statt persönlicher Beziehungen?
Statt gesunder Beziehungen zwischen Public Relations und Blogosphäre hat sich daher leider eine Situation entwickelt, in der Anbieter wie das Unternehmen Trigami aus der Schweiz PR-Agenturen bezahlte Präsenz in Blogs anbieten. Dann muss das Agenturpersonal diese gefährlichen Blogger nämlich nicht selbst anfassen. Bei Trigami gibt es zwecks Zielerreichung ohne persönlichen Kontakt sogenannte Advertorials im Start-, Silber- oder Gold-Paket. Ich zitiere, wie Trigami das definiert: „Advertorials sind redaktionelle Werbetexte, geschrieben von Bloggern, 100% positiv durch Inhaltskontrolle Ihrerseits.“ Alternativ gibt es auch „Text-Reviews“, hier werden die Blogger zwar ebenfalls bezahlt, sind aber – natürlich – völlig frei in der Meinungsäußerung. Buchen Sie gern bei Trigami, aber dann geben Sie dieses Buch bitte an jemanden weiter, der mehr damit anfangen kann.
Oder kümmern Sie sich selbst um Blogger Relations. Folgen Sie dem Leitsatz: „Blogger sind ganz normale Menschen wie andere auch.“ Warten Sie einmal ab, wie schnell Sie zu Ihren ganz persönlichen Kontakten in die Blogosphäre kommen, wenn Sie via Twitter und Corporate Blog interessante Inhalte zur Diskussion im Social Web beisteuern. Treten Sie in den Dialog – dann klappt es auch mit den Bloggern.
Kollegen in Agenturen werden an dieser Stelle einwenden, dass ein solcher auf persönlichen Bindungen beruhender Ansatz angesichts der Themenvielfalt gar nicht möglich ist. Das ist nachvollziehbar. Auch wir PR-Menschen können nicht überall gleichzeitig sein. Obwohl wir so oberflächlich sind. Stimmt also – aber: Blogger sind sensible Menschen. Blogger bemerken es, wenn Sie als Agenturmensch ein gutes Standing in Ihrer eigenen Branche aufgebaut haben. Die haben da einen Riecher ‚für. Sind Sie in der Twitter- und Blogosphäre rund um Public-Relations-Themen gut vernetzt und renommiert, so wird dies ein Blogger, der beispielsweise im Kulturbereich tätig ist, bemerken, wenn sie ihn kontaktieren. Er wird Ihrer Kontaktaufnahme potenziell positiver gegenüberstehen, wenn er Ihren Namen bereits kennt, wenn er beim flüchtigen Googeln oder schon an Ihrer E-Mail-Signatur sieht, dass Sie im Social Web engagiert sind und das Web 2.0 nicht nur als Vehikel betrachten.
Fazit: Es gibt keine Patentrezepte in der Öffentlichkeitsarbeit gegenüber Bloggern. Es kann richtig oder falsch sein, einen Blogger in den Presseverteiler Ihres Unternehmens aufzunehmen oder ihn zu einer Presseveranstaltung einzuladen. Richtig ist in jedem Fall, jeden Blogger wie einen für Sie wichtigen Journalisten mit der Zeit genauer kennenzulernen und den Informationsfluss sowie die Kontaktfrequenz exakt so zu justieren wie es diesem für Sie wichtigen Multiplikator recht ist.
Ich freue mich auf Reaktionen und Kommentare zu den Vorab-Auszügen aus meinem Manuskript. Stimmen Sie zu? Liege ich falsch? Habe ich etwas übersehen?
Nett geschrieben, lässt sich gut lesen. Inhatlich stimme ich als Teilzeit-Amokblogger auch zu ;D
Ich habe gerade erst den Artikel „Schelme wie ihr“ (http://blogbar.de/archiv/2010/02/18/schelme-wie…) vom Don gelesen. Der Absatz „Schlammschlachten prägen das Image der deutschen Blogosphäre“ brachte mich zum Schmunzeln, denn er sagt im Großen das aus, was ich darüber denke. Ein schönes Fazit : )
Vielleicht sollten Blogger wie Don Alphonso einfach versuchen das Positive in Beiträgen von PR-Beratern zu sehen. Ohne Mirko Lange wäre ich oftmals nicht so schnell auf dem neuesten Stand was Social Media angeht. Andererseits würden die Posts an Zynismus verlieren und der kann wirklich herrlich sein, wenn man nicht gerade auf der Suche nach wirklich Sinnvollem ist, sondern nach geistiger Zerstreuung…
Ich freue mich auf die nächsten Auszüge!
Das Reizvolle am Vorab-Publizieren ist ja, dass es sich um Rohmaterial handelt. Nicht redigiert, nicht lektoriert und nicht mit dem Verleger abgestimmt. In diesem Fall war der Text sozusagen noch warm wie das frische Brötchen vom Bäcker. Ob am Ende in gedruckten Buch steht, ich hätte keine Lust aufs Recherchieren – wer weiß?
Marketing ist, wenn über einen gesprochen wird ;)
„Ich habe die Namen ehrlich gesagt vergessen und auch keine Lust, sie zu recherchieren.“ Wäre es tatsächlich so, dann würden keine Namen von „BöseBubenBloggern“ genannt werden, oder?
Bis auf diesen, ich nenne es mal „reizvollen Ausrutscher“, der aus dem Herbeizerren von „abschreckenden Beispielen“ besteht, gefällt mir der Auszug aber ganz gut.
Der Artikel von Don hat sich imho auf eine ganz andere Art von „Beratern“ bezogen. Da sind eher die buchschreibenden Twitter-Coches und Blogtrainer gemeint gewesen ;)
Sorry Mirko, ich hatte noch den Artikel aus der FAZ auf dem Schirm und gerade erst bemerkt, dass adalice sich auf den anderen Beitrag bei blogbar.de bezieht. Dort wirst Du tatsächlich genannt. Schade, beim Bezug auf die Twitter-Coaches fand ich den FAZ-Artikel eigentlich noch ganz passend und durch das Geschreibsel danach im Blog wird das alles doch ziemlich entwertet. Aber jedem seine Meinung – im Zweifel muss man die ja nicht teilen.
Nö. Der DonA hat z.B. mich explizit und namentlich genannt. Und ich bin kein buchschreibender Twitter-Coach und Blogtrainer. Der Typ mag mich einfach nicht, weil ich ihn mal öffentlich kritisiert hab, weil er ja manchmal auch mit Maulkorb in der FAZ ätzt. Aber so ist er eben :-)