Social Media strategisch anzugehen ist für Unternehmen schon an sich eine Herausforderung. Besonders interessant ist es, wenn die Social-Media-Strategie nicht nur für ein Land gelten soll, sondern weltweit. Wer kontrolliert die globale Facebook-Seite? Welche Twitter-Accounts weltweit gibt es? Was dürfen die Country Units in den Ländern selbst entscheiden? Bei der Erarbeitung einer internationalen Social-Media-Strategie sind erfahrungsgemäß folgende Punkte zu bedenken:

Bestandsaufnahme

Jeder internationale Strategieprozess sollte mit einer strukturierten Bestandsaufnahme beginnen. Diese kann beispielsweise im Rahmen strukturierter Telefonkonferenzen erfolgen. Es empfiehlt sich, einen Fragebogen aufzusetzen, der mit allen Country Units von China bis Brasilien durchgegangen wird. Noch besser ist es natürlich, wenn sich die Verantwortlichen aus den unterschiedlichen Ländern persönlich zusammensetzen. In manchen weltweit tätigen Unternehmen finden periodisch Workshops der Verantwortlichen für Unternehmenskommunikation aus aller Welt statt. Solche Gelegenheiten sollten unbedingt zu einem Austausch in Sachen Social-Media-Strategie genutzt werden. Wer die Möglichkeit hat, Events vor Ort zu organisieren, sollte diese Chance ergreifen.

Kulturelle Unterschiede

Wie bei allen Belangen des internationalen Business stellen die kulturellen und auch politischen Unterschiede zwischen den Regionen weltweit eine besondere Herausforderung für die Social-Media-Strategie dar. Insbesondere beim Umgang mit Kritik wird eine angemessene und zielführende Kommunikation in Asien häufig völlig anders aussehen als in den USA. Consumer-Marken sind zudem völlig unterschiedlichen Haltungen seitens der Verbraucher ausgesetzt: Sympathiewerte, aber auch Vorurteile und Mythen zu Produkten und Marken – die sich teilweise sehr hartnäckig halten können – sind regional teilweise sehr, sehr unterschiedlich. Dementsprechend können auch die Ziele der Social-Media-Strategie pro Markt unterschiedlich sein. Strikt betrachtet benötigen internationale Unternehmen daher eine globale Strategie, die mit regionalen Strategien unterfüttert ist. Letztere können aufgrund der abweichenden Ziele teilweise vielfältig voneinander abweichen.

Community Management und Social Media Relations / Influencer Relations

Das internationale Community Management sollte effizient und authentisch zugleich sein. Wie kann ein weltweit tätiges Unternehmen gewährleisten, dass auf Kommentare in allen Sprachräumen und Zeitzonen rasch und richtig reagiert wird? Aufbau und Pflege von Fürsprechernetzwerken sind in der Regel besser in den lokalen Märkten angesiedelt, denn die Verantwortlichen vor Ort können besser einschätzen, welche Multiplikatoren (Twitter-Nutzer, Blogger und Journalisten) relevant sind und ob diese eine kritische oder befürwortende Haltung einnehmen. Beim Dialog mit der breiten Bevölkerung und den Konsumenten kann dagegen eine zentral organisierte, internationale Lösung mit enger Verzahnung zu den einzelnen Landesverantwortlichen Sinn ergeben, insbesondere für die weltweiten Plattformen wie internationale Facebook-Seiten.

Tonalität

Es ist trotz aller Unterschiede zwischen den Kulturen und nationalen Gegebenheiten kein Fehler, einen weltweit verbindlichen Leitfaden herauszugeben, der festlegt, wie ein Unternehmen bzw. eine Marke mit seinen/ihren Stakeholdern kommuniziert. Dabei geht es nicht darum, die Verantwortlichen weltweit auf einen kommunikativen Einheitsbrei festzulegen. Ziel eines solchen Leitfadens ist es vielmehr, dafür zu sorgen, dass in der Kommunikation weltweit die gleichen Werte gelten. Ein solches Regelwerk ist ein direkter Beitrag zum Aufbau und zum Schutz von Reputation.

Krisenprozesse

Zum komplexesten Thema, den Krisenprozessen, gibt es zunächst nicht viel zu sagen – außer, dass es sie geben muss: Krisenprozesse für das Social Web sind für international tätige Unternehmen absolute Pflicht. Sie steuern das kontinuierliche Monitoring in den wichtigsten Weltsprachen, die einheitliche Bewertung von Issue- und Krisenthemen und das rechtzeitige Auslösen detailliert festgelegter Abläufe. In der Regel ist es mit erheblichen Investitionen verbunden, entsprechende Prozesse zu gestalten und mit Leben zu erfüllen.

Global Channel Ownership

In der Regel wird eine Taskforce in der internationalen Konzernzentrale die weltweite Social Media Governance übernehmen. Ihr kommt die Aufgabe zu, zu definieren und zu überwachen, welche Social-Media-Kanäle in den einzelnen Märkten von den Country Units genutzt werden dürfen. Klingt restriktiv und ist es auch – und ist dennoch wichtig. Darf der Argentinier einen YouTube-Account „Markenname“ eröffnen oder muss er „Markenname Argentina“ heißen? Wie sind nationale Twitter-Accounts zu benennen? Gelten Vorgaben bezüglich des Corporate Design oder darf jedes Land die Social-Media-Kanäle nach Gusto gestalten?

Aus meiner Sicht und Erfahrung sind internationale Unternehmen trotz des erheblichen Aufwands gut beraten, eine weltweite Social-Media-Strategie mit entsprechenden Prozessen aufzusetzen. Denn Kosten, Aufwand und auch Risiken werden rasch noch erheblich umfangreicher, wenn die internationale Strategie nicht existiert und die Märkte auf sich allein gestellt sind.