Heute Feuerwehreinsatz bei der Social Media Night Stuttgart: Ich springe aufgrund einer kurzfristigen Absage spontan als Speaker ein. Habe mich aufgrund der Kurzfristigkeit für das Format „Social Media von A bis Z in 15 Minuten – mit ohne Folien“ entschieden. Und veröffentliche hier meine Speaker’s Notes.

Post by Social Media Club Stuttgart.

Wer Social Media im Unternehmen verankern möchte, braucht:

Abstand

  • Ich weiß nicht, wie es Ihnen / euch geht, aber ich habe immer wieder einmal das Bedürfnis, persönlich nichts zu posten. Mich nicht an jeder Debatte zu beteiligen. Nicht der x-te zu sein, der sich zu Themen wie HuffPost oder zur neuesten Kolumne von Sascha Lobo äußert. Wie in vielen Bereichen im Leben ist es auch beim Management von Social Media so, dass Fehler passieren. Dass es mal mehr Spaß macht, mal weniger. Und da muss man einfach auch mal sagen können: Ich halte jetzt mal die Klappe.

Akzeptanz

  • Akzeptanz für die Social-Media-Aktivitäten bei Kollegen, auch Skeptikern, und bei Vorstand oder Geschäftsführung. Ideal ist es, wenn man als PR-Verantwortlicher alle Abteilungen bereits am Anfang des Strategieprozesses abholen und mitnehmen kann. So gelungen bei unserem Kunden Energiedienst, mit dem Ergebnis, dass im Energiedienst Blog jetzt auf super sympathische und authentische Art und Weise mehr als 20 Mitarbeiter (-innen vor allem) bloggen.

Ausdauer

  • Oh ja. Ich beschäftige mich seit zehn Jahren mit Bloggen, Twittern und so weiter, seit 20 Jahren mit dem Web. Das wird mitunter zäh. Bei mir vor allem in Sachen Twitter. Früher begeistert, heute passiv. Was schließen wir daraus? Bei Social-Media-Projekten mit Unternehmen dränge ich stets darauf, dass eine Themenplanung (für Corporate Blog, Twitter, Facebook etc.) kontinuierlich und möglichst mehrere Wochen oder Monate im Voraus geführt wird. Das heißt nicht, dass alle Themen vorab geplant werden. Doch es ermöglicht die Pflege eines Grundgerüsts, das garantiert, dass die diversen Kanäle und Plattformen nicht einschlafen.

Bodenhaftung. Bescheidenheit.

  • Zu groß die Versuchung, sich aufzuplustern. Oder über die Stränge zu schlagen. Über private Accounts Dinge zu posten, die man dem Gegenüber so nie sagen würde. Was ich da schon erlebt habe. Ich könnte Stunden drüber erzählen.

Charisma

  • Ein großes Wort. Naja, vielleicht etwas übertrieben. Social-Media-Charisma. Braucht man das? Ich glaube schon. Denke, dass vor allem ein ausgeprägtes Gefühl für die Wirkung von Sprache entscheidend ist. Aber auch ein Sinn für Ästhetik. Was poste ich, was nicht? Wie stelle ich mich dar, sprachlich, aber auch optisch? Was möchte ich mit Formulierungen und sprachlichen oder tatsächlichen Bildern bei den Rezipienten auslösen?

Direktheit

  • Um den heißen Brei herumzureden ist vermutlich nirgendwo so verbreitet wie im Social Web. Und bei Facebook. Manchmal macht mich das ganz fertig. Leute schaut mal: Muss es eine  Grafik mit einem  Spruch sein, den ich mit 300 Freunden teile, wenn ich in Wirklichkeit nur einer einzigen Person eine eigentlich ganz schlichte Botschaft übermitteln möchte?

Empathie

  • Es gibt Zahlen von Pricewaterhouse Coopers (PwC), die belegen, warum Menschen Fan oder Follower einer Marke werden und warum sie die Marke wieder ent-fanen oder ent-freunden. Die Ambivalenz: Nutzer möchten News, Infos, Angebote und Vorteile rund um die Marke. Aber sie möchten keine platte Werbung. Deshalb ist Social Media Management eine Aufgabe für extremst empathische Menschen, die ihre Dialoggruppen extrem genau beobachten und verstehen. Idalerweise sorgen kontinuierlich erhobene KPI (Key Performance Indicators) dafür, dass Content Management und Community Management permanent dazulernen und optimiert werden.
[iphorm id=“10″ name=“SoMe-Strategie einfach“] Freunde

  • Gebetsmühlenartig betone ich, dass es auch online um Menschen geht. Wie wichtig Fürsprechernetzwerke sind. Nicht nur in der Branche des jeweiligen Unternehmens. Sondern auch und vor allem in der regionalen und überregionalen Social-Media-Szene. Ich mach‘ da kein Geheimnis draus: Den allermeisten Kunden empfehle ich, neben der eigentlichen Kommunikationsstrategie immer noch eine Nebenstrategie zu verfolgen. Nämlich: Sympathiepunkte sammeln wie bei Leuten, die heute Abend bei der Social Media Night in Stuttgart sind. Die zu kennen und von denen geschätzt zu werden – unbezahlbar.

Gelassenheit

  • Manchmal geht’s eben ab im Social Web. Der berühmte Shitstorm. Und er ist nicht so schlimm. Leute wie Holger Geißler von YouGov wissen das. Und manches Unternehmen ging gar gestärkt aus dem vermeintlichen Shitstorm hervor. Also: Ball Flach halten und nicht hyperventilieren. Das ist der beste Ausgangspunkt für erfolgreiches Krisenmanagement. Und man kann auch mal weglöschen. Mir ging das neulich so, als auf der Facebook Page eines großen Kunden ein prominenter YouTuber, der dem Unternehmen als Testimonial dient, mit diskriminierender Schmähkritik überzogen wurde. Wir haben die diskriminierenden und beleidigenden Kommentare gelöscht. Und ein Statement abgesetzt: Diskriminierungen und Beleidigungen können, wollen und werden wir hier nicht dulden. Hat funktioniert. Shitstörmchen ausgetreten. Man muss sich nicht alles bieten lassen.

Hermetisch abgeriegelte Räume

  • Immer wieder muss man sich als Mensch, der beruflich mit Onlinekommunikation zu tun hat, neu erfinden. Wie privat darf’s denn sein? Ob ich Kinder habe und wie die heißen oder aussehen muss beispielsweise nicht die breite Web-Öffentlichkeit wissen. Ob ich in einer Beziehung bin? Okay. Sah ich früher anders. Wie privat oder abgeschottet man ist – das bleibt nicht immer gleich. Aber man sollte einen Plan haben. Und seine Grenzen ziehen. Plus: Anständig bleiben.

Interaktion

  • Oh, oh. Ein Reizwort. Interaktion ist die Sau, die durch’s Dorf getrieben wird. Ich zeige immer wieder eine Folie, in der ein Spielzeug-Dinosaurier in einen Finger beißt. Da steht drauf: Was ist eine Interaktion wert? Mit dieser Folie versuche ich seit geraumer Zeit möglichst viele Marketing-Menschen und Geschäftsführer dafür zu sensibilisieren, dass Interaktion nicht alles ist. Beispiel: Unternehmen macht ein Gewinnspiel. Etwas geht technisch schief. Peinlicher Fehler. Alle zerreißen sich das Maul. Wow, voll die Interaktion. Wie geil. Es soll Marketing-Menschen geben, die ungeniert genug sind, sogar solche negative Interaktion im Monthly oder Yearly Reporting als Erfolg darzustellen.

Jodeleit

  • Hahaha, ein Kalauer. Ich bitte um Verzeihung.

Kundenservice

  • Die Zeiten, in denen @telekom_hilft noch als innovativer Best Case in Berater-Präsen vorkommen sollten, sind vorbei. Ich erwarte heute als Kunde, dass Unternehmen auch im Social Web ansprechbar sind. Dass sie Monitoring betreiben und auf Kundenbeschwerden eingehen. Dieser Sommer stand für mich im Zeichen eines super spannenden Projekts, in dessen Rahmen ich ein Customer Interaction Center aufgebaut habe. In Berlin, für Coca-Cola. Wenn ihr dazu Fragen habt, fragt Felix. Agents in einem Call Center kümmern sich jetzt auch um Social-Media-Anfragen. Das heißt: Neben Community Management gibt’s seitens Coca-Cola jetzt auch konsequenten Dialog mit ganz normalen Verbrauchern. Dat wollen wir.

Lust

  • Wenn’s keinen Spaß macht ist’s doof. Merkt man. Umgekehrt: Wenn Ihnen oder euch Social Media so großen Spaß macht, dass ihr abhebt, dann merkt man das auch. Man muss einen Mittelweg finden. Sich eingrooven und dann möglichst konstant und konsequent dabei bleiben. Beziehungspflege ist manchmal Arbeit. Manchmal Freude. Es gibt Momente der Euphorie. Der Ernüchterung. Wichtig ist, dass man die Sache nicht gegen die Wand fährt. Empathisch bleibt, selbstbewusst und doch bescheiden, nicht überheblich.

Mut

  • Ich vermute, dass ich nur jede zehnte Idee für einen Post tatsächlich umsetze. Könnte peinlich sein. Könnte sich jemand daran stoßen. Daran muss ich arbeiten. Indessen: Ich kenne auch den umgekehrten Fall. Da schreibste was – in einem Anflug von Selbstironie – und es kommt ganz anders an als erwartet.

Normalität

  • Wie geht es euch damit? Ich bin mir nicht sicher, ob ich Menschen beneide oder suspekt finde, die so konsequent Alltäglichkeiten posten. Aber stimmt schon: Nicht jeder Tag ist ein Highlight. Nicht alles ist immer super spannend. Und wenn man als Berater unterwegs ist wie ich – dann darf man dies spannendsten Dinge in der Regel ja gar nicht ohne Weiteres posten. Beispielsweise checke ich bei Foursquare in der Regel nicht bei Kunden ein. Weil’s keinen was angeht. Bleibt die Frage: Wie können wir als Social Media Pros einerseits vermeiden, unser Umfeld zu langweilen, andererseits vermeiden, völlig unterzugehen, weil wir aus lauter Rücksicht gar nichts mehr posten? Ich denke: durch Monitoring und Content Curation.

Opportunismus

  • Yes. Ab und an muss man auch einfach mal entweder a) mitschwimmen oder b) sich gegen den Strom stellen. Wer nicht polarisiert, wer immer nur lieb ist, der wird auch immer Mittelmaß bleiben. Große Worte, ich weiß.

Pläne

Qualifikation

  • Social Media kann jeder. Und jeder besonders gut. Oder? Aber was qualifiziert wirklich? Am Ende (des Tages, haha): eine journalistische respektive marketingkompatible Ausbildung. Obwohl ich 2012 als Beiratsmitglied der PZOK an Prüfungskriterien für den Abschluss Social Media Manager mitgearbeitet habe: Kommunikation lässt sich nicht in Abendkursen lernen. Es braucht Praxiserfahrung und ständige Weiterbildung. Und ein gutes Stück Begabung gehört auch dazu.

Rechtssicherheit

  • Als Teenie war ich einer der ersten Onliner, die Bekanntschaft mit Günter Freiherr von Gravenreuth machen durften. Daher nervt mich die deutsche Abmahn-Industrie ganz besonders. Ich selbst bin da eher kämpferisch. In Kundenprojekten ist mir aber immer ganz, ganz wichtig, die gängigen Rechtsrisiken – und die sind in Deutschland wirklich außerordentlich umfassend – möglichst weitgehend auszuschalten. Etwa durch weitgehenden Verzicht auf extern gehostete Dienste und die Integration transparenter Datenschutzerklärungen. Ein sehr geschätzter Partner dabei ist, vor allem im Rahmen zahlloser gemeinsamer Seminare, Dr. Carsten Ulbricht (Interview mit ihm: Wie ein Anwalt Social Media für sich nutzt).

Sport

  • Oh yes. SoMe kann stressig sein. Wie grenzt man sich da ab? Ringelsocken allein reichen nicht. Jeder, der online lebt und arbeitet, braucht irgendwo einen Ausgleich. Sonst drehste am Rad. Schneller alsde denkst.

Strategie

Themen

  • Nicht nur eigene Themen. Sondern auch News und Hintergrundinformationen aus externen Quellen. Stichwort Monitoring. Eine Themenplanung sollte ein stets dazulernendes System sein. Ich schätze, dass weit, weit mehr als die Hälfte der Social-Media-Pros ihren kompletten Input aus den jeweiligen Social Networks ziehen. Ich schätze – im Sinne von Wertschätzen – ganz besonders die Menschen, die das nicht ausschließlich tun. Die als Pioniere agieren und interessante Neuigkeiten aus externen Quellen in meine Timelines bei Facebook, Twitter, Google+, Pinterest, Foursquare und so weiter und so fort bringen. Ohne diese Themen-Scouts wären Social-Media-Plattformen total langweilig.

Umsicht

  • Mit Social Media kann man unglaublich schnell unglaublich viel kaputtmachen. Nicht nur in und für Unternehmen. Sondern auch ganz persönlich. Für sich selbst. Das kann sich in Nichtmelden äußern – wegen des ständigen Overflow. Oder in Posts, die mangels Empathie (drittes Mal Empathie in diesem Post) die Gefühle von Menschen, die mitlesen, mit Füßen treten – oftmals versehentlich, aber nicht weniger schmerzhaft. Okay. Jetzt bitte Feuerzeuge schwenken und Taschentücher auspacken. Wir haben uns alle lieb!

Verantwortlichkeiten

  • Prozesse. Strukturen. Flowcharts. Was tun wir, wenn? Wie definieren wir kommunikative Chancen und Krisen? Die Lizenz zum Töten für den Social Media Manager. Die Kommunikationshohheit für den Leiter Public Relations. Ohne all das geht es nicht.

Wahrheit

  • Nirgendwo wird so gnadenlos unverschämt und viel gelogen wie im Web. Da werden Rezensionen gefälscht, Fake Accounts kreiert, Stalking und Social Engineering betrieben und Fans und Follower gekauft. Mich nervt das an.

Xing nicht

  • Okay, ich brauchte ein X. Also. Xing und LinkedIn. Business-Netzwerke, die sicherlich ihren Zweck haben. Sie sind relevant für die Reputation von Unternehmen und Personen. Aber Storytelling kann ich dort nicht betreiben.

YouTube für junge Zielgruppen

  • Täglich werden abermillionen Minuten Video bei YouTube geschaut. Von jungen Menschen. Darüber wird in der ganzen Social-Media-Euphorie oft viel zu wenig nachgedacht. Die ARD-/ZDF-Onlinestudie liefert jährlich aktuelle Zahlen, die belegen, dass junge Zielgruppen extremst bewegtbildaffin sind. (Cooles Wort, bewegtbildaffin.) Aber auch manche Botschaften für andere Altersgruppen lassen sich mit Video viel besser transportieren als über andere Wege. Ich find’s beispielsweise schön, wie unser Kunde Vitra mit Bewegtbild arbeitet, ein Beispiel gibt’s hier.

Zuverlässigkeit

  • SoMe = schnell. Schnell = kritisch. Ich kann in Social-Media-Teams nicht mit Leuten zusammenarbeiten, auf die kein Verlass ist. Daher ist es ganz arg wichtig, extremste Sorgfalt bei der Personalauswahl und -führung walten zu lassen. Und wer den lieben langen Tag lang (also bis 16.30 Uhr) lieber Zalando als das Monitoringtool nutzt, der könnte darüber nachdenken, lieber in einem weniger kritischen Bereich zu arbeiten. Es zwingt ja niemand Menschen, als Community oder Social Media Manager zu arbeiten.

Und – Nachtrag zu D:

  • die Deutsche Bahn. Leute, wir alle brauchen sie. Was wären wir ohne sie. Also: Hackt nicht immer auf ihr herum.
[iphorm id=“10″ name=“SoMe-Strategie einfach“]